Bild für Cable Guy

Deutsche möchten am liebsten noch das Stromkabel zur Kaffeemaschine unterirdisch verlegen, Amerikaner haben keine ästhetischen Probleme mit wirr verkabelten Strommasten. Eine Lockerheit, die sich bis ins Haus fortsetzt. (19. Mai 2005)

Es ist durchaus üblich, dass bei einem Mieterwechsel Telefon und Kabelfernsehen nicht nur abgestellt, sondern dass buchstäblich, Schnipp Schnapp, die Leitungen gekappt werden. So starrte auch uns aus einem kleinen Loch in der Wand ein kleines Stückchen blanken Kabels an. Alles kein Problem für den cable guy, den Monteur der Kabelfernsehgesellschaft.

Es klingelt, ich öffne, ein Mann steht vor der Tür und guckt mich erwartungsvoll an. “You the cable guy?” Er sagte ja, ich ließ ihn ein. Der eine Fernseher soll hierhin, der andere dorthin und der Computer auf den Schreibtisch. Bewaffnet mit einer Rolle Kabel und einem Werkzeuggürtel macht er sich an die Arbeit.

Der erste Schock ereilt uns, als wir den pistolenschussartigen Geräuschen im Schlafzimmer nachforschen und gerade noch sehen, wie er gelassen das üppige Kabel auf die Fußleisten tackert. Hätte er auch ruhig mal fragen können, raunen wir kabelscheuen Deutschen uns zu. Nach dem Anschließen des Verteilers, der dekorativ auf dem Boden liegen bleibt, beginnen die Umbaumaßnahmen jedoch erst richtig.

Ohne uns zu konsultieren löst er mit kräftigem Reißen den neuen Teppich vom Boden mit dem guten Willen, das Kabel dadurch weniger sichtbar zu verlegen. Er ist sogar bemüht, den Teppich danach wieder am Boden zu befestigen. Und wie ginge das besser als mit der Tackerpistole?

Jeder Smalltalk-Versuch scheiterte. Unsere Versionen der englischen Sprache sind inkompatibel. Sechzehn Jahre Englisch inklusive extensivem Training in ausgewiesenen sprachlichen Problemzonen der USA wie New Orleans hatten mich nicht auf genuscheltes hispanisches Englisch vorbereitet.

Nachdem wir nicht an denselben Stellen lachten und es darum lieber ließen, mussten wir uns zumindest bei den technischen Details zusammenreißen. Wenigstens die Geräte sollten ja funktionieren. Doch alle Konsonanten schienen aus seiner Sprache verbannt. Er redete auf einmal nur noch von einem mysteriösen “hah-liß hau-hah”, was sich als “wireless router” entpuppte, ein Gerät für den kabellosen Internetzugang. Aber auch er hatte seine Schwierigkeiten. Als er an unseren Computern die Zugangsdaten für die neue Internetverbindung eingeben wollte, war er nicht nur frustriert von unserer Begriffsstutzigkeit, sondern auch noch verwirrt vom deutschen Tastaturlayout und Betriebssystem.

Entnervt verriet er uns den Trick, mit dem Mexikaner besser Englisch lernen würden – für uns dringend zur Nachahmung empfohlen. Wir sollten doch unsere Windows-Menü-Sprache von Französisch auf Englisch umstellen, zur Übung sozusagen. Für einen Moment waren wir nicht nur erstaunt, dass ein Spanisch-Muttersprachler Deutsch für Französisch halten konnte, sondern auch ein wenig pikiert, dass er insgesamt das Kommunikationsproblem bei uns verortete. Mit diesem Dissens muss man leben im Einwandererland USA. Und dies geht erstaunlicherweise sehr gut, denn als der cable guy uns verließ, funktionierte der hah-liß hau-hah tadellos.